Rückkehr ins „neue normale“ Leben mit dem Corona-Virus um uns

Mai 19, 2020 | Mathew Vattamattam, Schwarzes Brett

Liebe Mitbrüder,

Grüße aus der Osterzeit! Nach fast drei Monaten der Gewöhnung an den Kampf gegen das pandemische Virus, an den vorsorglichen Lockdown und an die Weiterführung unseres missionarischen Auftrags in diesen Grenzen, lernen wir langsam, mit den Corona-Zeiten zurechtzukommen. In Rom kehren wir nach zehn Wochen Lockdown zu einem „neuen normalen“ Leben mit einigen Einschränkungen zurück. In manchen Ländern hat die Pandemie ihren Höhepunkt noch gar nicht erreicht. Gewiss ist das, was wir über das Virus nicht wissen, mehr als was wir darüber wissen. Doch besteht ein vernünftiges Bewusstsein vom Wesen der Verbreitung, von Voraussetzungen für die Genesung und dem Risiko der Infektion. Seien wir vorsichtig wegen einer eventuellen zweiten oder dritten Welle der Pandemie, die mehr Schaden verursachen kann. Das Corona-Virus wird sich wahrscheinlich dem Club anderer Viren anschließen, die um uns sind und die das menschliche Leben bedrohen, bis ein Impfstoff leicht erhältlich ist.

Über ein Dutzend Mitbrüder wurden Corona-positiv getestet und hatten einige Symptome, doch die Vorsehung war ihnen gewogen und ließ sie die Krankheit überstehen mit Ausnahme von P. Julio Vivas González, der zum Vater heimgerufen wurde. Einige von ihnen teilten ihre missionarische Einstellung, dem Herrn in allen Umständen ihres Lebens zu dienen, in Gesundheit und in Krankheit. In den meisten Missionen haben unsere Mitbrüder Initiativen ergriffen, den Menschen in ihrem Kampf nahe zu sein. Es ist gut, sich anzuschauen, wie wir mit der Wirklichkeit der Pandemie in jedem höheren Organismus umgegangen sind. Im Generalat gab es Momente wie Mitarbeit bei den Haushaltsaufgaben, eine besondere Zeit für Anbetung und Gebet und mehr Zeit für Gespräche beim Essen, die das Band zwischen uns verstärkten. Wir waren auch betroffen über das zunehmende Leid in der Welt, als sich das pandemische Virus verbreitete, und bekamen mehr Mitgefühl mit unseren Mitmenschen (Hilfe für unsere Angestellten, die beiden Flüchtlinge im Generalat und weitere verletzliche Gruppen in Rom).

Die Welt stellt sich nun den Auswirkungen der globalen Epidemie auf die gesellschaftlich-wirtschaftliche Sphäre des menschlichen Lebens. Eine unmittelbare Auswirkung besteht auf den Lebensunterhalt der Armen und auf jene, die ihre Arbeit verloren haben, doch werden die meisten Sektoren sich mit ihren Auswirkungen auseinandersetzen müssen. Es lohnt sich zu fragen, ob wir möchten, dass die Welt zur „alten normalen“ Lebensweise zurückkehrt, die einen guten Teil der Kinder Gottes vernachlässigte, um die alte Form des Umgangs mit der Koexistenz von Nationen und Völkern fortzusetzen, um sich daran zu gewöhnen, wie die Ressourcen der Welt ausgebeutet und geteilt werden, und um weiterzumachen mit derselben unverantwortlichen Weise, mit der wir uns um unser gemeinsames Haus kümmern. Die Welt muss sich zu etwas Besserem hinbewegen. Was uns angeht, werden wir mit allen Menschen guten Willens danach streben, nach dem Traum Jesu von einer besseren Welt, die er „Reich Gottes“ nannte, streben. Die Menschen brauchen aufrichtigere Dialoge, um aus den Unterschieden Nutzen zu ziehen, generativere Gespräche über gemeinsame Probleme und kollektive Aktionen zugunsten des gemeinsamen Guts, um diesem Traum näher zu kommen. Ich möchte euch einige Überlegungen mitteilen, die uns helfen können, diese Phase mit dem Mut, der unserem Glauben entspringt, willkommen zu heißen.

1. Vertrauen aus unserer Erfahrung des auferstandenen Herrn. Auch wenn wir nicht wissen, wie sich die Dinge entwickeln werden, wissen wir, dass Gott alles zum Guten der Menschheit lenkt, die er in Christus erlöst hat (Röm 8,28). Diese Grundeinstellung zerstreut die Panik und befähigt uns, den Herrn allzeit zu preisen (Ps 34,2), wie es Pater Claret tat.

2. Positive Annahme der Wirklichkeit. Wir werden mit Myriaden von sachlichen Meldungen und Falschmeldungen bombardiert, was danach ruft, die Spreu vom Weizen zu trennen. Sowohl die Übertreibung der Pandemie in apokalyptischen Ausmaßen als auch eine arglose Missachtung ihrer Auswirkungen auf das menschliche Leben helfen nicht, die Pandemie und ihre Auswirkungen auf uns anzugehen. Ich hoffe, unsere Mitbrüder werden gesunde Einstellungen annehmen, die uns befähigen werde, weiterhin Hoffnung aufzustrahlen und eine kreative Antwort unter uns und um uns auszulösen.

3. Auf der Grundlage des Glaubens verstehen, was in der Geschichte vor sich geht. Wir Menschen suchen die Ursache von Ereignissen zu erkennen und machen viele Interpretationen und Hypothesen, wenn etwas Neues geschieht. Es gibt reichlich Nachrichten und Ansichten über die Pandemie aus historischer, gesellschaftlicher, wirtschaftlicher, medizinischer, politischer und biologischer Sicht. Die uralte Frage nach Gott und dem Bösen ist auch zum Vorschein gekommen und sucht nach Antworten. Während dieser Pandemie empfangen auch wir dieselbe Frage, die die Menschen im Leiden dem Psalmisten stellten: „Wo ist dein Gott?“ (Ps 42,4). Die Pandemie hat auch diejenigen erschüttert, die glauben, dass die Wissenschaft menschliche Probleme vorhersagen und regeln kann, ohne auf Gott zurückzugreifen. Durch die Liebe, die am Kreuz Christi offenbart und geschenkt wurde, sind wir imstande, Sinn und Freude daran zu finden, das Leben mit allem Erregenden und Leiden willkommen zu heißen und den Tod friedlich zu umarmen, wenn unsere Stunde kommt. Das christliche Zeugnis des Glaubens und des Dienstes für die Kranken und Notleidenden behauptet die göttliche Würde eines jeden Menschen und die Verantwortung der Starken und Gesunden, sich um die Schwachen und Kranken zu kümmern, selbst wenn es das eigene Leben kostet. Wir haben diese Werte während dieser Pandemie am Werk gesehen. Die Pandemie lehrt uns den notwendigen Dialog zwischen Glauben und Vernunft.

4. Die Werte, die während der Pandemie gelernt wurden. Obwohl uns das Leiden und der Tod vieler Menschen auf der ganzen Welt traurig machen, werden wir viele Lektionen nicht verpassen, die wir in diesen Zeiten der Pandemie für unser Leben gelernt haben. Mir wurde von vielen Mitbrüdern von uns gesagt, dass sie ihr Gemeinschaftsleben verbessert haben, dass sie mehr Zeit für die Mitbrüder und zum Beten haben und dass sie innovative Formen des missionarischen Wirkens versucht haben. Die Pandemie hat die ganze Welt gezwungen, in eine Art globale Exerzitien zu gehen, um in sich zu schauen und über das menschliche Leben zu reflektieren, das oft wie eine Achterbahn erlebt wird ohne die Möglichkeit, innezuhalten und über wichtigere Werte des Lebens nachzudenken. Die Verbundenheit der ganzen Schöpfung miteinander und die Verantwortung der Menschen, füreinander und für die ganze Schöpfung zu sorgen, wurde in diesen Tagen offensichtlicher. Die übrige Schöpfung (Umwelt, Tiere, Vögel, Fische usw.) scheinen sich entspannt und verjüngt zu haben, als die Menschen im Lockdown waren. Wenn wir nicht miteinander auf dem Wege sind und uns um das Wohlbefinden eines jeden einschließlich der Natur kümmern, werden wir die tragischen Folgen davon miteinander tragen. Das pandemische Virus, das in kurzer Zeit Menschen auf der ganzen Welt infiziert hat, ist ein sichtbarer Beweis dafür, womit geistliche und psychologische Viren den menschlichen Sinn und Geist infiziert und der Menschheit ungezähltes Leid zugefügt haben. Wir sollten lernen, bewusst Abstand von solchen Viren zu halten und unseren Sinn und unser Herz mit der Wahrheit des Evangeliums von egoistischen Interessen zu desinfizieren.

5. Globale Vision und kollektives Handeln. Die Zersplitterung der Menschheit und der Wettbewerb zwischen den Nationen um wirtschaftliche Vorherrschaft haben sich während der weltweiten Ausbreitung der Pandemie als verhängnisvoll für die Menschheit erwiesen; nur kollektives Handeln brachte gute Ergebnisse. Die Zukunft der Menschheit hängt von der Zusammenarbeit, dem gemeinsamen Handeln und dem kollektiven Bemühen aller ab, miteinander als die eine menschliche Familie zu wachsen. Unser Ruf in der Kirche und in der Welt ist, mit voller Absicht zu leben und durch unser brüderliches Leben und Missionieren in Gemeinschaft Zeugnis für die Einheit in der Vielfalt zu geben. Ich bin überzeugt, dass unsere missionarische Zukunft davon abhängt, wie wir eine ganzheitliche claretinische Ökologie fördern, die die universale Wirklichkeit mit den lokalen Realitäten in Harmonie bringt und durch das Teilen von Ressourcen und Personal in der Kongregation gegenseitig zu bereichern.

6. Sich gemeinsam den Herausforderungen stellen. Wir erwarten in der Nach-Corona-Zeit eine schwere Zeit, in verschiedenen Teilen der Kongregation für unsere Bedürfnisse zu sorgen. Wir werden den Mut nicht sinken lassen und an das Wort Gottes denken: „Fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir“ (Jes 41,10). Wir müssen viele Opfer bringen, wie es unsere Brüder und Schwestern in weltlichen Berufen ebenfalls tun müssen, um sich der Krise zu stellen. Wir werden uns bewusst entscheiden für Einfachheit, gesunde Genügsamkeit und harte Arbeit, um die vor uns liegenden schwierigen Zeiten anzugehen. Wir werden die Lage in jedem von den höheren Organismen auswerten und unsere Haushaltspläne anpassen müssen, indem wir dem den Vorrang einräumen, das am wichtigsten und notwendigsten ist. Wenn wir Hunger leiden müssen, dann lasst es uns miteinander annehmen. Ähnlich werden wir sensibel sein für die Menschen um uns mit der Einstellung Christi, der uns das Geheimnis des Überflusses lehrte: Im Geben empfangen wir (vgl. Lk 6,38). Wir werden den Herrn mit unserem Leben tun lassen, was er mit dem Brot in der Eucharistie tut: segnen, brechen und teilen, um anderen Leben zu geben.

7. Im Geist aufbrechen. Wir haben in der Osterzeit die Berichte von der frühen Kirche gelesen. Die zerbrechliche, verfolgte frühe Kirche hatte keine Ahnung, wohin sie aufbrachen. Sie vertrauten der Führung des Heiligen Geistes, den Jesus verheißen hatte, dass er für immer bei ihnen sein und ihnen helfen werde (vgl. Joh 14,16). Die Vorrangstellung des Geistes Christi in ihrem Leben machte den Unterschied für die furchtsamen und unsicheren Apostel, die in die ganze Welt hinauszogen, um die Gute Nachricht zu verkünden. Unser Gründer und unsere Martyrer-Mitbrüder haben uns eine heldenhaftes Zeugnis für die Wahrheit des Evangeliums hinterlassen. Nun, da wir in Kürze in die Vorbereitungsphase unseres 26. Generalkapitels eintreten, unterwerfen wir uns dem Geist Christi und heißen wir die Zukunft willkommen mit offenem Sinn, liebendem Herz und tapferen Händen, ohne nach weltlicher Sicherheit zu schauen. Ich empfehle uns alle dem unbefleckten Herzen unserer seligen Mutter, damit sie uns durch diese historische Corona-Zeit führt.

In brüderlicher Verbundenheit

P. Mathew Vattamattam CMF
Generaloberer

Rom, 18. Mai 2020

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